Knuckle auf schlanken Füßen
Ihr kennt das Bike, habt es irgendwo schon einmal gesehen? Da täuscht ihr euch nicht, denn der schlanke Schrubber tingelt bereits seit 2012 über alle möglichen Bikeshows und räumt einen Pokal nach dem Anderen ab.
Einer der namhaftesten Bike Builder hat einmal gesagt, dass „das Einzige, was bei einem Custombike festgelegt ist, die zwei runden Räder sind. Alles was dazwischen liegt sollte immer wieder, mit viel Phantasie neu erfunden werden. Das macht am Ende ein gutes Custombike aus“. Stimmt eindeutig, nur wer die Szene kennt, weiß auch, dass hier und dort die Ideen auszugehen scheinen. Und allzu oft sieht man die Ideen der Mitbewerber in immer neuen Interpretationen. Und dann passiert es, dass einem so ein Gerät wie die Stick 52 vor die Linse rollt, man erinnert sich an das Zitat und wundert sich selber darüber, dass die Räder zwar immer noch rund sind, der gesamte Rest jedoch die Neuinterpretation eines alten Themas zu sein scheint. Natürlich können wir diese Zeilen nicht kommentarlos hier stehen lassen. Bevor ihr also in die Tasten prügelt und einen Shitstorm der Extraklasse über uns ergießt, wollen wir euch einige Erklärungen hinterherschieben.
Wen die Räder an Rick‘s Rodders erinnern, der liegt gar nicht so falsch, denn die Rundlinge stammen tatsächlich aus der Räderschmiede in Baden Baden. Jedoch wurden für dieses Projekt zwei 26 Zoll Vorderräder geordert, von dem eines zum Hinterrad umgebaut wurde. Das klingt einfach, ist es aber nicht. Denn so ein Vorderrad ist eben nicht für ein Antriebspulley vorgesehen. Abgesehen davon bringt dieser schmale Schluffen noch ein ganz anderes Problem mit sich. Während vor einigen Jahren das Hinterrad eines Custombikes gar nicht breit genug sein konnte, hatte man das Problem, mittels Primärveratz den Belt am Pneu vorbei zum Hinterrad zu führen. Mit steigender Reifenbreite wanderte der Antrieb immer weiter nach aussen. Wer sein Bike auf derart schlanke Füsse stellen will, steht schnell vor einem ähnlichen Problem, nur eben in die andere Richtung. Zudem mussten beide Räder stark modifiziert werden, damit sie vorne mit der Beringer „Inboard“ Scheibenbremsanlage und hinten via K-Tech Ritzelbremse stoppen können.
Kommen wir zum Rahmen, der eindeutig mehr als nur ein paar geschwungene Rohre bietet. Sicher, Downtubes mit den unterschiedlichsten Profilen, in oval, mit und ohne Löcher und auch als Totempfahl gab es vorher schon. Aber so einen puristischen, schön geschwungenen Doppel-T-Träger der sich in einer fließenden Kurve an Motor und Zylinder schmiegt eben noch nicht. das Ding ist eigens als Unikat für die Stick 52 angefertigt worden. Abgesehen von der schicken Optik, weist das Profil eine enorme Verwindungssteifheit auf. Bei dem ausgewählten Antriebsstrang dürfte das auch nötig sein. Der S&S Knuckleheadstyle Motor leistet mehr als das Doppelte des Originals aus den Baujahren 1936 bis 1947. Für die Kraftübertragung an das Hinterrad vertraut man auf eine ebenso klassische wie schmale Kette.
Natürlich hat das Bike neben Motor und Rahemn auch noch einige Blechteile zu bieten und natürlich wurden auch die eigens für die Stick 52 aus dem Blech gekloppft. Wir lassen es aber dabei und wollen der Vollständigkeit halber auf das Farbekleid der schlanken Schönheit verweisen. Masterpainter Ingo Kruse hat dem Bike einen Anstrich im Stil der Siebziger verpasst, der dem Ganzen die sprichwörtliche Krone aufsetzt.
Wer jetzt noch auf die Idee kommt, dass der Kasten zumindest in Teilen an einen namhaften Customizer aus der Nachbarschaft am Niederrhein erinnert, dem sei zumindest ein gewisser Grad an Fach und Sachkenntnis attestiert. Der Erbauer mag als Unternehmer ein Newcomer sein, in seinem Handwerk gehört er zweifellos zu den alten Hasen. Bevor Michel Naumann den Schritt in die Selbständigkeit gewagt hat, war er der führende Kopf im Prototypenbau eben dieser Customschmiede. Somit stellt sich eher die Frage danach, wessen Handschrift am Ende welche Bikes geprägt hat. Wir sind jedenfalls jetzt schon darauf gespannt, welche Bikes uns Michael in Zukunft vor die Linsen rollen wird.
Text: Peter Schulz
Fotos: Horst Rösler
Allgemeines
Name des Bikes: 52 Stick
Gebaut von: Michael Naumann
Ort: Rees
Kontakt: Michael Naumann, Empelerstr.2, 46459 Rees
Motor
Hersteller: S&S
Jahr: 2012
Typ: Knucklehead-Style
Hubraum: 94 cui
Nockenwelle: S&S
Ölpumpe: S&S
Zündung: S&S
Auspuff: Michael Naumann
Getriebe
Hersteller: Rev Tech
Gänge: 6 Speed
Kupplung: BDL
Primärantrieb: BDL 2-Inch Belt Drive
Lackierung
Idee: Ingo Kruse
Ausführung: Ingo Kruse
Rahmen
Hersteller: Michael Naumann
Typ: Boardtrack-Style
Rake: 38 Grad
Gabel
Hersteller: W&W
Typ: Springer
Räder
vorne
Hersteller: Rick’s Rodder
Dimension: 26 “
Reifen: Vee Rubber 120-50-26
Bremse: Beringer Inboard Disc
hinten
Hersteller: Rick’s Rodder
Dimension: 26 “
Reifen: Vee Rubber 120-50-26
Bremse: Kustom Tech
Accessoires
Lenker: Michael Naumann
Griffe: Kustom Tech
Fußrasten: Michael Naumann, Kustom Tech
Sitz: Michael Naumann
Tank: Michael Naumann
Öltank: Michael Naumann
Schutzbleche: Michael Naumann
Lampe: CCE
Rücklicht: Blaze
Blinker: Blaze